Warum gute Führungspersönlichkeiten Fragen stellen

 

 

In der heutigen von schneller Veränderung und Unsicherheit geprägten Welt kennen Führungskräfte oftmals die Antworten nicht mehr, auf die Herausforderungen, vor denen sie stehen. Hinzu kommt, dass sie manchmal nicht einmal mehr wissen, auf welche Herausforderungen sie sich überhaupt konzentrieren sollen. Dieser Artikel zeigt auf, wie das Stellen von Fragen Dir helfen kann, Dich in diesen komplexen Zeiten zurechtzufinden.

 

Nimm Dir einen Moment Zeit, um an eine gute Führungspersönlichkeit zu denken, jemanden, den Du für seine oder ihre Führung bewunderst. Mit welchen Attributen würdest Du sie oder ihn beschreiben?

Schau Dir die Attribute an, die Du Dir ausgedacht hast - sicherlich sind einige davon Eigenschaften, wie Charisma, inspirierende Führung, motivierendes Reden, Mut, im Rampenlicht stehen u.a.

Und wie viele der von Dir aufgeführten Attribute sind subtiler, unscheinbarer, vielleicht sogar unsichtbar? Wie z.B. gut zuhören können, gute Fragen stellen, unbeliebte Aufgaben erledigen, um für andere den Weg freizumachen etc.?

In unserer «VUCA-Welt» (VUCA steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) kennen wir als Führungspersönlichkeiten die Antworten auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen, oftmals nicht mehr und wissen ausserdem bisweilen nicht, auf welche Herausforderungen wir uns überhaupt konzentrieren sollen (geschweige denn, wie wir sie meistern können). Da wir weder die Herausforderungen noch die Antworten kennen, leben wir in einer Wolke unbequemer Ungewissheit. Wie können wir produktiv und angstfrei mit dieser Unsicherheit umgehen?

Fragen zu stellen ist eines der mächtigsten (und am wenigsten genutzten) Führungsinstrumente. Je unbeständiger, unsicherer, komplexer unser Umfeld ist, desto wichtiger ist es, dass wir Fragen stellen.  Dazu gehört auch, darauf zu vertrauen, dass die Menschen um uns herum Facetten und Teile des für uns benötigten Wissens in sich tragen und wir dieses nur «anzapfen» und konsolidieren müssen.

Eine gute Frage kann man sich wie eine Taschenlampe vorstellen; sie wirft Licht auf ein Thema. Manchmal kann sie sogleich die beste Antwort enthüllen, manchmal aber auch einen Suchprozess in Gang setzen, der nach einigem Grübeln und Nachfassen letztendlich eine zufriedenstellende Antwort liefert. Selbst wenn Du also nicht sofort eine zufriedenstellende Antwort auf Deine Frage erhältst, kannst Du Dich also getrost darauf verlassen, dass ein Suchprozess eingeleitet wurde, der Dich letzten Endes einen Schritt vorwärtsbringt.

 

Nur, wie stellt man gute Fragen?

  • Um gute Fragen stellen zu können, solltest Du zuallererst Deine Einstellung zum "Nichtwissen" hinterfragen - und es als Chance, als Vorteil und nicht als Schwäche sehen. Wer fragt, erschliesst sich durch Neugierde grosse Potenziale. Wer fragt untergräbt nicht, nein er stärkt seine Führungsqualitäten. 
  • Des Weiteren solltest Du mit der Gewohnheit brechen, Annahmen zu treffen (die ja auf deiner eigenen Einschätzung bzw. Erfahrung beruhen). Dies begrenzt dich enorm. Stattdessen, du ahnst es, solltest Du anfangen, Fragen zu stellen. Viele Führungskräfte fühlen sich unsicher, inwieweit sie sich z.B. ins Tagesgeschäft einmischen sollen, was sie von Ihrem Wissen ans Team weitergeben sollen etc. Die beste und oft überraschendste Anregung ist dann: "Frage Dein Team". Es kommt ihnen zumeist nicht in den Sinn, dass Fragen eine, wenn nicht gar die beste Option ist. Doch nur so bleiben sie authentisch und erfahren, was sie eigentlich wissen wollen.
  • Sei Dir bewusst, dass Fragen immer eine Prämisse mit sich bringen. Wenn ich frage: "Warum hast Du das nicht bis heute fertig gestellt?", dann schwingt mit, dass meine Erwartung war, dass Du es hättest fertig stellen sollen (und die implizite Botschaft ist, dass ich nicht erfreut bin, dass es noch nicht erledigt ist). Wenn ich aber frage: "Was ist der Stand der Dinge und was brauchst Du von mir, um dies heute zu Ende zu bringen?", dann bleibt mein Wunsch der Fertigstellung (noch heute) erhalten, aber ich signalisiere, dass ich bei der Umsetzung behilflich sein kann – eine ganz andere Art Frage, die ein ganz anderes – positives geladenes – Feedback triggert. Beachte, wie sich die Tonalität der Frage fundamental ändert, nur weil eine andere Art der Frage gewählt wird. Je nach Tonalität, wird natürlich auch die Antwort viel konstruktiver, umfassender und v.a. informativer sein.
  • Nachdem Du eine Frage gestellt hast: Halte inne und höre zu. Das ist wahrscheinlich der schwierigste Teil. Ziehe keine voreiligen Schlüsse und unterbreche nicht mit Deinen eigenen Ideen. Atme bewusst tief durch und höre aufmerksam zu. Du könntest überrascht sein über das, was Du an wertvollen verbalen - und non verbalen - Informationen erhältst, wenn Du jemandem Raum zum Antworten gibst.

Gute Fragen zu stellen ist etwas, das man lernen und wie einen Muskel über die Zeit und Übung aufbauen kann – bleib dran!

Wir haben in festgestellt, dass es ein paar Fragen gibt, die in verschiedenen Situationen sehr gut funktionieren; wir nennen sie transformative Fragen. Wenn sie in der richtigen Umgebung und zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt werden, werden sie Dir eine Menge Einsichten vermitteln. 

  1. Was geht in Dir vor? (Ein grossartiger informeller Gesprächsbeginn sowohl am Arbeitsplatz als auch zu Hause).
  2. Ich frage mich... (Eröffnet die Diskussion zu jedem Thema, ohne aufdringlich zu sein).
  3. Und was noch? (Meine Lieblingsfrage! Sie kann im Anschluss an jede andere Frage gestellt werden und bringt oft den wahren Kern des Themas zum Vorschein, zu dem Du versucht hast, zu gelangen).
  4. Wie kann ich Dich dabei unterstützen? (Beachte dazu die vorangehende implizite Forderung).

Wenn ich also darf, würde ich Dich gerne dazu ermutigen, mehr zu fragen (und weniger zu sagen). Probiere verschiedene Fragen zu verschiedenen Zeitpunkten aus und siehe, wie andere reagieren. Ich bin sicher, dass dies nicht nur Deine Art zu führen, sondern auch die Art und Weise, wie Du das Leben wahrnimmst, positiv beeinflussen wird. Du strahlst Authentizität und Interesse aus und lernst von Deinem Umfeld – nicht schlecht, oder?

Übrigens: Hast Du bemerkt, wie viele Fragen wir Dir in diesem Artikel gestellt haben? Was hast Du darüber gedacht, wie hast Du dich gefühlt? Bitte teile es uns in den Kommentaren mit.

 

 

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